zum ONKODIN-Projekt   Deutsches MDS-Forum 2010  |  Links  |  Kontakt  |  Impressum  |  English Content English Content  
Inhaltsverzeichnis (navigierbar)Sitemap  
Granulozyten, neutrophile
Pelger-Huët Kernanomalie
Pelger-Huët-Kernanomalie - Abb.


Pelger-Huët Kernanomalie

Autor/en: F.-G. Hagmann
Letzte Änderung dieser Seite: 26.10.2007

Die neutrophilen Segmentkernigen sind bei der hier gezeigten Abbildung fast ausschließlich zweisegmentig. Außerdem finden sich zahlreiche Stabkernige oder beginnend Segmentkernige. Metamyelozyten trifft man nicht. Es handelt sich um das Bild der Pelger-Huët-Anomalie, die mit einer unvollständigen Segmentierung einhergeht.
Wenn wie hier fast alle Neutrophilen stabkernig und zweisegmentig sind, spricht man bei der familiären Anomalie von Vollträgern, bei Vorkommen von normalen Stab- und Segmentkernigen von Teilträgern.
Dabei wird unterschieden zwischen einer heterozygoten Manifestation, die sich durch Zweisegmentigkeit auszeichnet ("Zwicker-Brillen-Form"), und einer homozygoten Form, die keine Segmentierung aufweist, sondern runde und ovale Kerne. Die erste Form kommt bei nicht vorher ausgewählten Personen in 0,02% (1:6000 Lebendgeburten) vor, die zweite Form ist extrem selten. In bestimmten Gegenden (Erzgebirge, Nordschweden) kann die heterozygote Form eine Inzidenz von 1% erreichen.

Medikamente können die Formanomalie reversibel hervorrufen. Bei B12- oder Folsäuremangel können die Pelger-Zellen höher segmentieren und bei Substitution wieder zu ihrer ursprüngliche Form zurückkehren.

Die hereditäre Form der Pelger-Huët-Anomalie geht nicht mit funktionellen Veränderungen der Zellen oder einem erhöhten Risiko für maligne hämatologische Erkrankungen einher. Eine Familie mit einer Kombinarion mit einer progressiven Muskeldystrophie ist beschrieben.
Ein Pelger-Huët ähnliches Phänomen ist auch bei Säugetieren beobachtet worden (Trampeltier, weißes Nashorn). Beim Kaninchen existieren ebenfalls heterozygote Pelger. Durch Züchtung gelang es beim Kaninchen, homozygote Pelger zu erhalten, sogenannte Über-Pelger. Man nimmt an, dass die meisten homozygoten Tieren nicht ausgetragen werden, sondern intrauterin absterben. Die homozygoten Tiere zeigten schwere Entwicklungsstörungen, sie blieben klein und wiesen Extremitätenverkrümmungen auf. 1951 wurde beim Menschen ein homozygoter Pelger gefunden, ein Kind aus einer Ehe von Kusine und Vetter, dessen Eltern beide Pelger-Träger waren. Dieses Kind wies keine Knochenveränderungen auf. Die Einzelheiten zum Stammbaum und Begleiterkrankungen können in der Literatur nachgelesen werden. Der Erbgang bei der hereditären Pelger-Anomalie ist geschlechtsunabhängig dominant. Nur in wenigen Fällen wurde kein nachweisbarer Erbgang gefunden.

Sekundär können solche Pelger Zellen bei Myelodysplasie, myeloischer Leukämie, schweren Infektionen und Tumoren vorkommen.

In dem hier gezeigten Fall wissen wir nicht, ob eine familiäre Anomalie vorlag. Es handelte sich um einen Morbus Hodgkin mit großem mediastinalen Tumor und erheblicher klinischer Symptomatik. Eine Therapie war noch nicht eingeleitet. Ein Verlauf existiert nicht, da die Therapie in einer anderen Klinik erfolgte. An dem Präparat läßt sich aber sehr schön der Befund wie bei einer heterozygoten Vollträgerschaft beobachten.

Literaturreferenzen:
  • Pelger, K.
    Demonstratie van een paar zeldzaam voorkomende typen van bloedlichaampjes en bespreking der patienten.
    Ned T Geneesk 1928;72:1178
  • Pelger, K.
    De waarde van het morphologische bloedbeeld.
    Ned T Geneesk 1931;75:439
  • Alder, A.
    Die Pelger-Huëtsche Kernanomalie.
    In: Heilmeyer, L., Hittmair, A. (Hrsg.)
    Handbuch der gesamten Hämatologie.
    Allgemeine Hämatologie, erster Band, 1. Teil.
    Urban & Schwarzenberg, München etc., 1957
  • Scheiderman, L. et al.
    Genetic studies of a family with two unusual autosomal dominant conditions: muscular dystrophie and Pelger-Huët anomaly.
    Clinical, pathologic and linkage considerations.
    Am J Med 1969;46:380
  • Undritz, E.
    Hämatologische Tafeln Sandoz. 2. Auflage.
    Sandoz AG, Basel, 1972
  • Bruhn, H.D., Block, W.
    Pelger-Huët Kernanamolie: hämatologische Abgrenzung zur Linksverschiebung und myeloischen Leukämie.
    Diagnostik & Intensivtherapie 1980;5:9-10
  • Deutsch, P.H., Mandell, G.L.
    Reversible Pelger-Huët anomaly associated with ibuprofen therapy.
    Arch Intern Med 1985;145:166
  • Hawkey, C.M., Dennett, T.B.
    Farbatlas der Hämatologie - Säugetiere, Vögel und Reptilien.
    Schlütersche Verlagsanstalt, Hannover, 1990

Inhalte in dieser Rubrik:

    Nach oben zum Seitenanfang Zum Seitenanfang                                                                                  Inhaltsverzeichnis (navigierbar) Sitemap  |  Druckversion des Dokuments  |  E-Mail-Versand  
 
Interner Link
Granulozyten (Abbauformen, Pseudo-Pelger, nach G-CSF). Arte?-Fakt? - Artefakte mikroskopischer Präparate
Sysmex Kalender 2007 [Mehr]