zum ONKODIN-Projekt   Deutsches MDS-Forum 2010  |  Links  |  Kontakt  |  Impressum  |  English Content English Content  
Inhaltsverzeichnis (navigierbar)Sitemap  
Gestörte Erythrozytenneubildung
Kongenitale dyserythropetische Anämien
CDA I
CDA II
CDA III
CDA-Varianten


Kongenitale dyserythropetische Anämien - CDA

Autor/en: H. Heimpel
Letzte Änderung dieser Seite: 17.10.2012

Bei den kongenitalen dyserythropoetischen Anämien handelt es sich um eine Gruppe genetisch und klinisch unterschiedlicher Erkrankungen, die jedoch ähnliche Störungen und Probleme bei den Betroffenen hervorrufen. Die allgemeinen Definitionskriterien sind:

  1. Nachweis der Heredität durch Auftreten ähnlicher Veränderungen in der Familie oder des kongenitalen Beginns
  2. Zeichen der ineffektiven Erythropoiese als dem wesentlichen Mechanismus der Anämie
  3. Charakteristische morphologischen Veränderungen der Erythroblasten

Die Schwere der Krankheit ist auch innerhalb der einzelnen Subtypen unterschiedlich ausgeprägt: Während einige Patienten bereits direkt nach der Geburt und im Kindesalter mit Erythrozytentransfusionen behandelt werden müssen, macht sich bei leichter Betroffenen die Erkrankung nur durch eine mäßige Anämie und Hyperbilirubinämie mit wechselndem Sklerenikterus bemerkbar. Die körperliche Leistungsfähigkeit ist bei den mittelschweren und den seltenen schweren Formen eingeschränkt. Ähnlich wie bei hämolytische Anämie Bilden sich u. U. bereits im Kondes- oder Jugenalter Gallensteine . Angeborene Dysplasien kommen überzufällig häufig vor und betreffen vorzugsweise das Skelett. Fast alle Patienten mit CDA haben eine erhöhte Eisenresorption sind lebenslang durch die Entwicklung einer sekundären Hämochromatose gefährdet.

Historie

Kongenitale dyserythropoetische Anämien sind seltene angeborene Erkrankungen, die 1968 erstmals als eigene Krankheitsgruppe erkannt wurden. In Deutschland, der Schweiz und in Österreich, also im deutschen Sprachgebiet, sind dem in Ulm geführten Deutschen CDA-Register derzeit etwa 120 Patienten bekannt. In der Literatur wird über mehr als 500 weitere Fälle berichtet. Die Bezeichnung wurde unabhängig von Crookston et. al und Wendt und Heimpel geprägt. Allerdings waren ähnliche Einzelfälle schon früher unter verschiedenen Bezeichnungen beschrieben worden. Aufgrund der morphologischen Unterschiede wurde 1968 die heute allgemein akzeptierte Klassifikation der CDA vorgeschlagen, wobei als Typ III die von Bergström und Jakobsson unter dem Namen "hereditary benign erythroreticulosis" erstmals beschriebene und bis heute weiterverfolgte Familie bezeichnet und frühere Fälle reklassifiziert wurden. Später wurden weitere familiäre Fälle beschrieben, die sich nicht einordnen ließen und als Typ IV oder CDA-Varianten bezeichnet worden sind.
Die Genetik hat die ursprünglich rein morphologisch fundierte Klassifikation weitgehend bestätigt. Während für die Typen II und III bisher nur der Bereich des varianten Gens bekannt ist, konnten 2002 die für den Typ I verantworlichen Mutationen im sogenannte Codanin1-Gen auf dem Chromosome 15q15 lokalisiert werden.

Klassifikation

Die der kongenitalen dyserythropoetischen Anämien (CDA) bezeichnet eine geno- und phänotypisch heterogene Gruppe hereditärer Erkrankungen der Erythropoese. Tab. 1.

Wichtigste Eigensschafte der verschiedenen Typen der kongenitalen dyserythropoietischen Anämien

CDA-Type

I

II

III familiär

III sporadisch

Varianten

Erbgang

Auto-rezessiv

Auto-rezessive

Dominant

Variabel

Auto-rezessiv

Bekannte Fälle

~ 150

>300

3 Familien

> 20

~70

Morphologie

Abnormale Chromatin-
struktur, Chromatin-
brücken

Mehrkernig-
keit der reifen Erythro-
blasten

Vielkernige Riesenerythro-
blasten

Vielkernige Riesenerythro-
blasten

CDA I ähnlich
CDA II ähnlich

Gen

Codanin 1
15q (15.1.3)

15q (15.1.3)

15q (21-25)

unbekannt

unbekannt

Gehäufte Dysmorphien

Skelett, andere

verschiedene

B-Zellen Retina

verschiedene

CNs

Therapie

Interferon-a Eisendepletion

Splenekomie
Eisendepletion

keine

unbekannt

unbekannt

CDA I

Blutbild:

Makrozytäre Anämie, Retikulozyten relativ normal oder mäßig erhöht, absolut normal oder mäßig vermindert.

Blutausstrich:

Anisozytose, Poikilozytose, basophil getüpfelte Erythrozyten, gelegentlich Cabot´sche Ringe, selten Erythroblasten.

Knochenmark:

Hyperzellulär durch meist sehr starke Vermehrung der Erythroblasten. Dysplasien: Mehrkernige Erythroblasten mit unterschiedlich großen Kernen, abnormale Zell- und Kernform, verdichtetes Chromatin, verdämmerndes Chromatin, Kernbrücken, grobe basophile Granula. Speichereisen vermehrt, Eisen in Plasmazellen.

Gehäuft Skelettveränderungen: Syndaktylie, überzählige oder fehlende Metacarpalia oder - Tarsalia, andere.

Elektronenmikroskopie:

Verdichtetes Heterochromatin, Lakunen (Schwamm- oder "Swiss-cheese" Struktur), erweiterte Kernporen.

CDA II

Besonderheiten:

Unterglykolisierung der Membranglykoside der Erythrozyten, nachweisbar z. B. mit der Polyakrylgelelektrophorese, hohe i-antigendichte der Erythrozyten, positiver Säurehämolysetest mit >50% aller normalen blutgruppengleichen Seren.

Blutbild:

Normozytäre Anämie, Retikulozyten relativ normal oder erhöht, absolut normal oder mäßig erhöht

Blutausstrich:

Aniso-poikilozytose, basophil getüpfelte Erythrozyten, meist, nach Splenektomie immer reife teilweise zweikernige Erythroblasten.

Knochenmark:

Hyperzellulär durch meist sehr starke Vermehrung der Erythroblasten.
Dysplasien: Zwei- oder mehrkernige späte Erythroblasten mit gleich großen Kernen, abnormale Mitosefiguren, Kleeblattkerne. Pseudo-Gaucherzellen mit doppelbrechendem Material. Speichereisen vermehrt, Eisen in Plasmazellen.

Elektronenmikroskopie:

Normales Kernchromatin, submembranöse Zysternen ("Doppelmembran") der reifen Erythroblasten.

CDA III

Die seltenste Form der CDA. Neben drei großen Familien mit autosomal-dominantem Erbgang sind eine Reihe "sporadischer" Fälle bekannt, wobei nicht in allen Fällen sicher ist ob es sich wirklich um kongenitale Erkrankungen mit autosomal-rezessivem Erbgang oder um nicht ausreichend lange beobachtete Patienten mit erworbenem myelodysplastischem Syndrom handelt.

CDA-Varianten

Nicht alle Familien mit kongenitaler dyserythropoetischer Anämie lassen sich in einen der 3 klassischen Typen einordnen. Teilweise handelt es sich um schwere Verläufe mit Störungen der zerebralen Entwicklung und ausgeprägter Anämie, die einer regelmäßige Erythrozytensubstitution erfordert. Pathogenese und Gendefekt sind bisher nicht bekannt. Eine einheitliche Klassifikation innerhalb dieser auch morphologische vielfältigen Gruppe steht noch aus.

Literaturreferenzen:
  • Iolascon A, Esposito MR, and Russo R. Clinical aspects and pathogenesis
    of CDAs: from morphology to molecular approach. Haematologica. 2012; 97:xxx
    doi:10.3324/haematol.2012.072207 [Epub ahead of print]
    [Article]
  • Bergström I, Jacobsson L (1962) Hereditary benign erythroreticulosis. Blood 19:296-303
  • Crookston JH, Crookston MC, Burnie KL, Francombe WH, Dacie JV, Davis JA, Lewis SM (1969) Hereditary erythroblastic multinuclearity associated with a positive acidified-serum test: a type of congenital dyserythropoietic anemia. Br J Haematol 17:11-26
  • Delaunay J, Iolascon A (1999) The congenital dyserythropoietic anaemias. Baillieres Best Pract Res Clin Haematol 12:691-705
    [Medline]
  • Dgany O, Avidan N, Delaunay J, Krasnov T, Shalmon L, Shalev H, Eidelitz-Markus T, Kapelushnik J, Cattan D, Pariente A, Tulliez M, Cretien A, Schischmanoff PO, Iolascon A, Fibach E, Koren A, Rossler J, Le Merrer M, Yaniv I, Zaizov R, Ben Asher E, Olender T, Lancet D, Beckmann JS, Tamary H (2002) Congenital dyserythropoietic anemia type I is caused by mutations in codanin-1. Am J Hum Genet 71:1467-1474
    [Medline]
  • Heimpel H (1975) Dyserythropoiese und dyserythropoietische Anämien. Schweiz Med Wochenschr 105:1562-8
  • Heimpel, H. Congenital dyserythropoietic anemias: Epidemiology, clinical significance and progress in understanding their pathogenesis(2004). Ann Hematol 83 (9)
    [Medline]
  • Heimpel H, Maier K, Kohne E (1999) Kongenitale dyserythropoietische Anämien: Klinisches Bild und neue Erkenntnisse zu Epidemiologie, Pathogenese und Behandlung. Monatsschr Kinderheilkd 147:992-999
  • Heimpel H, Wendt F (1967) Eine neue Variante der kongenitalen dyserythropoietischen Anämie. Schweiz Med Wochenschr 97:1470-1471
  • Heimpel H, Wendt F (1968) Congenital dyserythropoietic anemia with karyorrhexis and multinuclearity of erythroblasts. Helv Med Acta 34:103-115
  • Iolascon A, D'Agostaro G, Perrotta S, Izzo P, Tavano R, Miraglia del Giudice B (1996) Congenital dyserythropoietic anemia type II: molecular basis and clinical aspects. Haematologica 81:543-559
    [Medline]
  • Sandstroem H, Wahlin A (2000) Congenital dyserythropoietic anemia type III. Haematologica 85:753-757
    [Medline]
  • Schärer K, Marti HR, Baumann Th (1965) Konstitutionelle Anämie mit Kernteilungsstörungen der Erythroblasten. Schweiz Med Wochenschr 95:1511-15

    Nach oben zum Seitenanfang Zum Seitenanfang                                                                                  Inhaltsverzeichnis (navigierbar) Sitemap  |  Druckversion des Dokuments  |  E-Mail-Versand  
 
Iolascon A, Esposito MR, and Russo R. Clinical aspects and pathogenesis of CDAs: from morphology to molecular approach. Haematologica. 2012; 97:xxx doi:10.3324/haematol.
2012.072207 [Mehr]
Interner Link
Anämie und Polyglobulie
Der Hämatologische Notfall. Sysmex Kalender 2008 [Mehr]
Interner Link
Der Hämatologische Notfall. Sysmex Kalender 2008 [Mehr]